Vortrag beim Marketing-Club: Guerilla Marketing - Idee schlägt Budget

Ein Youngster sagt wie´s geht...

Da war der Saal im Ulmer Maritim mal richtig voll. Nach den überaus gut besuchten Veranstaltungen bei AL-KO und SWU/ovum markenberatung hat der Marketing-Club Ulm/Neu-Ulm auch beim ersten Termin im neuen Jahr einen Volltreffer gelandet. Mit dem Koblenzer Dominic Multerer stellte sich zudem ein Marketeer-Newcomer vor, der bereits mit 16 Jahren bei einem internationalen Unternehmen in Dänemark Marketingleiter wurde ("Deutschlands jüngster Marketing-Chef" ging durch die Wirtschaftspresse...) und nun die Republik aufmischt: Guerilla eben..!

Che Guevara...

... sah irgendwie anders aus: Charismatisch, ernste Gesichtszüge, die dunklen Augen in die ferne Richtung seiner Häscher gerichtet, das lange Haar mit einem Stirnband gebändigt, ein asketischer Körper in Militärkleidung. Dominic Multerer wäre nicht Profi, hätte er den Revolutions-helden nicht auch in seine Präsentation eingebaut. Multerer, gerade mal 19 Jahre alt geworden, Gel im Haar, schwarze Agentur-Tracht, das Outfit weder Guerilla- noch Piraten-mäßig. Aber Guerilla im Marketing findet eben zuerst in den Köpfen statt! Und da steht nun Dominic Multerer, der mit 16 Jahren in Dänemark ein Praktikum machte und postwendend bei einem joint venture der Firma zum Marketingleiter avancierte (...durchaus stimmig in der Branche für elektronisches Spielezubehör). Wichtiger Punkt in seiner Vita: Vater wie Großvater waren Unternehmer, das färbt ab! Und reden kann er ja, kein unwichtiger Punkt.

Breaking the rules...

Guerilla Marketing ist nach Multerers Ansicht eine Querdenker-Disziplin. Ebenso klar, für die Entwicklung der Guerilla-Aktions-Ideen muss man viel kreative Zeit aufbringen. Daraus dann eine Geschichte zu stricken und an den Start zu bringen, erfordere darüber hinaus Mut wie Durchhaltevermögen. "Aber dann haben Sie auch das Neue, das Unverwechselbare...", sagt Multerer", denn bei 4000 Werbebotschaften, die täglich auf uns einprasseln, können wir uns höchstens ein paar Dutzend merken." Das Unkonventionelle, das Überraschende muss her. "Marken müssen Regeln brechen", vielleicht Multerers Kernsatz an diesem Abend.

Der Koblenzer versteht es im Vortrag, den Kreativ-Prozess für Guerilla-Aktionen als Gebrauchsanleitung festzuklopfen. Guerilla-Marketing muss überraschend, unberechenbar, one step ahead, mit "geilem Content" sein und nach dem Maximal-Prinzip streben, das heißt, das sich die Aktion noch weiter verwerten oder vernetzen lässt? Wer außerdem Guerilla Marketing richtig lebe, der werde mit seinen Aktionen auch glaubwürdig rüberkommen und seine Marke stärken.

Beispiele gefällig:

Die BMW-Mini-Group hatte sich für ein NBA-Basketballspiel 20 Eintrittskarten besorgt. Statt der Zuschauer blickte aber ein aufblasbares Modell des MINI aufs Spielfeld. Und die Fernseh-Kameras richteten ihre Objektive auf die Attrappe. Fast kostenfrei gab es Konsumenten-Kontakte en masse.

In Stockholm ließ VW eine U-Bahn-Treppe in eine Klaviatur mit Klangkörpern umwandeln. Die Passanten waren begeistert und "spielten" gerne mit. Red Bull verlieh einem Nascar-Team zu einem Boxenstopp auf der New Yorker 5th-Avenue. Innerhalb kurzer Zeit hatte sich eine Menschentraube gebildet. Das Video hielt die Aktion für youtube fest. Am Stuttgarter Flughafen kam der Autovermieter Sixt - laut Multerer ein Vorreiter im Guerilla Marketing in Deutschland - auf die Idee, einen ausländischen Fluggast mehrmals ausrufen zu lassen. Betonte man den Vor- und Nachnamen etwas anders, kam "Get your car at Sixt" heraus - kostenlose Werbung. 

Durch Social Media werden die Aktionen transportiert "Ideen wirken, können begeistern, ja sie fesseln, erzählen eine Geschichte und können dabei viral sein (Mund-propaganda), ambush (nutzt Großereignis parasitär aus) oder ambient (belegt etwa U-Bahn-Haltegriffe)", sagt Dominic Multerer. Fast allen gemein haben die Aktionen, dass sie erst so richtig zum Tragen kommen, wenn man sie über Social Media vermarktet. So werden die Aktionen selbst oder über Beobachter gefilmt oder fotografiert und über You Tube oder Facebook, etc. gestreut. Erst dann ist Guerilla Marketing wirkungsvoll und erhält die entsprechende Resonanz. "Guerilla spart richtig, richtig Geld", sagt dazu Multerer, der aus der Social-Media-Szene kommt und normalerweise dazu Vorträge hält. So erfährt die in den 80 und 90 Jahre aufkommende Marketing-Disziplin „Guerilla“ durch Social Media eine wahre Renaissance.

Plädoyer...

Trotz dieses effizienten Hypes: Klassische Medien und Marketingformen haben nicht ausgedient, Vertreter klassischer Medien und des Marketings brauchen nicht in Hysterie zu verfallen. Guerilla Marketing kann ein gutes Add-on im Marketing-Mix sein, wird gängige Marketingformen aber sicher nicht ersetzen. Denn was wäre, wenn eine Guerilla-Aktion vom - meist ja - zufälligen Betrachter nicht wahrgenommen wird oder schlichtweg durchfällt, weil er sie beispielsweise übertrieben, unlustig oder geschmacklos findet? Bei einer Print-Anzeige kann sich der Werbetreibende zumindest der Auflage und der Leserschaft sicher sein, aber auch seiner Kosten fürs Werbebudget. Die Wirkung bleibt schwer zu messen, weshalb noch immer Henry Fords berühmter Spruch gilt. "Fünfzig Prozent sind bei der Werbung rausgeworfen. Man weiß nur nicht, welche Hälfte es ist." Und: "Wer nicht wirbt, der stirbt" - nochmals Henry Ford, und aller guten Dinge sind drei! Es kommt drauf an, was man draus macht!

Lust auf Kreativität...! Dieses Kommunikationsziel hatte Junior Multerer an diesem Abend spielend erreicht, das muß ihm erstmal jemand nachmachen. Venceremos - Guerilleros!.