Merkels Verhandlungsplus: Fehlende Schwatzhaftigkeit und Eitelkeit

Entgegen den Behauptungen einiger politischer Beobachter sind die bisherigen Sondierungen zur Bildung einer Jamaika-Koalition nicht am Unvermögen oder einem Laissez-faire der Bundeskanzlerin Angela Merkel gescheitert, sondern vermutlich als ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Bundesregierung von anderen „Pfauen“ in der politischen Arena gewollt. Diese Auffassung vertrat kürzlich 5 Sterne Redner Friedhelm Wachs in einem Radiointerview. Wachs zählt zu den weltweit führenden Verhandlungsberatern. Gegenüber 105,5 Spreeradio äußerte sich der Experte dazu, was für die Parteien auf dem Spiel steht - selbst nach dem vorläufigen Aus der Gespräche. Hier geht es zum Radiobeitrag.

„Jede Partei hat unterschiedliche Dinge zu verlieren. Zum einen ist da die Glaubwürdigkeit innerhalb der eigenen Klientel. Ein weiterer Grund sind die noch bevorstehenden Wahlen in Bayern und Sachsen und drittens geht es ebenso um persönliche Reputationsverluste oder -gewinne“, führte der 5 Sterne Redner aus. Bei Verhandlungen - gerade wenn es wie hier um komplexe Sondierungen geht - kommt es auf die Geschicke der Verhandlungsführer an, ein gewünschtes Ziel zu erreichen. Sie behalten im Blick, an welchen Stellen die einzelnen Wortführer zu Kompromissen bereit sind. In gesonderten Gesprächen, die in Nebenräumen des Verhandlungsortes geführt werden, loten die Verhandlungsführer Optionen aus. Das kostet oft viel Zeit, ist aber auch Teil des Powerplays der Gesprächsgegner. Auch der Abbruch von Sondierungen ist Teil dieses Spiels, wie auch das tränenreiche Bedauern angesichts vermeintlich großer Nähe der Gesprächspartner.

Gefragt nach dem Auftreten der Bundeskanzlerin, antwortete Verhandlungsexperte Friedhelm Wachs: „Angela Merkel hat bei Verhandlungen schon immer einen sehr guten Job gemacht, weil sie nicht eitel ist. Daher ist sie besser als alle anderen in der Lage, auch unter Machtgesichtspunkten professionell zu verhandeln. Ich halte auch nichts von der These, Merkel hätte die Fortune verlassen. Sie spielt die Dinge grandios – einzig Schulz kann jetzt dazwischenfunken, in dem er eine Große Koalition ohne Merkel anbietet. Aber das wird er intern nicht durchsetzen können.“ Bei einem Scheitern aller Gespräche sind Neuwahlen unvermeidbar und Merkel wird besser dastehen als zuvor, auch weil sie die Fähigkeit zum Schweigen besser als jeder andere beherrscht.